STIFTUNG SILVIAS KINDERHILFE

Hilfe für Kinder, Jugendliche und Mütter in Sri Lanka seit 1991

31 Jahre Silvias Kinderhilfe, da kann man wirklich von einem Lebenswerk sprechen! Silvia Sommer hat zum 30. Jubiläum ihre Erinnerungen aufgeschrieben und mit uns geteilt:

Ich sitze an meinem Laptop und schaue nachdenklich aus dem Fenster. Meine Gedanken schweifen nach Sri Lanka und ich beginne den Bericht über meine Erlebnisse zu schreiben:

Wie hat eigentlich alles angefangen?

Mein Mann Rinaldo und ich machten 1985 unsere Hochzeitsreise nach Sri Lanka. Das Land hielt uns sofort gefangen mit seinen wunderschönen und vielfältigen Landschaften, mit seiner reichen Tierwelt, seiner interessanten Kultur, den verschiedenen Religionen und mit seinen liebenswerten Menschen. Wir reisten deshalb immer wieder hin. Voller Begeisterung entschlossen wir uns, in Hikkaduwa ein kleines Hotel zu übernehmen, um später unseren Lebensabend dort zu verbringen. Um das Hotel zu führen, lebte ich in Sri Lanka und mein Mann blieb vorderhand in der Schweiz. Aber wie man so schön sagt, kam es erstens anders und zweitens als man denkt

 Ein eigenes Kinderheim

Irgendwann hatte ich Gelegenheit ein staatliches Kinderheim zu besuchen. Im Heim angekommen, traute ich meinen Augen kaum. Rund siebzig kleine Kinder im Alter zwischen wenigen Tagen bis ca. fünf Jahren lebten in einem schmutzigen Haus. Streunende Hunde liefen im Garten herum und warteten auf Abfälle aus der Küche. Die Kinder waren alle schmutzig und trugen zerrissene Kleider. Die Babys lagen in stuhlverschmierten Bettchen. Sofort entschloss ich mich einmal pro Woche eine reichhaltige und gesunde Mahlzeit zu spenden. Bei meinen wöchentlichen Besuchen fassten die kleinen Mädchen und Buben bald Vertrauen zu mir.

Silvia Sommer Silvia Sommer


Eines Tages ging ich vor unserem Hotel im Meer schwimmen. Die Kinder gingen mir nicht mehr aus dem Sinn und mir kam der Gedanke, selbst ein Kinderheim zu gründen. Beim nächsten Besuch in der Schweiz erzählte ich meinem Mann Rinaldo von meiner Idee. Ich erwartete, dass er sich an den Kopf greifen und mir den Plan ausreden würde. Aber weit gefehlt! Er fand die Idee grossartig. Die Frage jedoch war, wie wir das alles finanzieren sollten. Aber da kamen unsere Verwandten, Freunde und Bekannten ins Spiel. Alle waren begeistert und erklärten sich bereit, mit Spenden mitzuhelfen. Nach vielen Diskussionen gründeten wir den Verein* „Silvia’s Children‘s Home“, der Jahre später zur Stiftung Silvias Kinderhilfe wurde.

Silvia's Children's Home Hikkaduwa Silvia's Children's Home Hikkaduwa

Am 28. April 1991 konnten wir tatsächlich die Eröffnung unseres Kinderheims in Sri Lanka feiern! Nach vielen Schwierigkeiten und schlaflosen Nächten war ich am Ziel meiner Träume angelangt. Denn zuerst machten es mir die Behörden nicht gerade leicht. Sie sagten sich wohl: „Wieso will diese Ausländerin ein Kinderheim eröffnen? Will sie womöglich die Kinder verkaufen?“ Langsam, langsam konnte ich jedoch das Misstrauen gegenüber unserem Verein abbauen und schlussendlich wurden mir alle Türen geöffnet. Die Behörden, vor allem das Jugend- und Sozialamt, unterstützten mich überall, wo es nötig war. Immer mehr Kinder wurden uns zugewiesen, Mädchen und Buben.


Bald hatten wir in unserem gemieteten Bungalow keinen Platz mehr. Ganz in der Nähe konnten wir ein grösseres, zweckmässigeres Haus mit einem riesigen Garten erwerben und nach ein paar Renovationen zogen wir um. Diese Lösung war aber nicht von langer Dauer. Auf behördliche Anweisung hin mussten wir die älter werdenden Mädchen und Buben trennen. Wieder war eine Lösung gefragt und auch gefunden. Unser Areal war riesengross, also bauten wir auf dem Gelände ein zweistöckiges Haus. Nach vielen schlaflosen Nächten und strapazierten Nerven konnten wir am 13. Januar 1998 das grosse, schöne Haus eröffnen.

 

Aber schon bald gab es wieder Probleme mit dem Jugend- und Sozialamt. Es genügte ihnen nicht, dass die Mädchen im oberen und die Buben im unteren Stock wohnten. Wir entschieden uns für die Mädchen, da sie nach wie vor schlechtere Chancen hatten. Die Buben mussten ganz ausquartiert werden, ein paar Kilometer entfernt befand sich zum Glück ein Knabenheim. Schweren Herzens konnten wir unsere Buben dorthin transferieren. Wir waren aber weiterhin besorgt, dass sie gesundes Essen erhielten, zur Schule gingen und auch sonst alles hatten, was sie brauchten.

Rino Sommer Rino Sommer

 Während ich in Sri Lanka lebte, war mein Mann in der Schweiz darum besorgt, dass genügend Spenden für unser Hilfswerk eingingen. Während vielen Jahren war Mr. Oliver als Projekt Manager an meiner Seite und nahm mir viele Sorgen ab. Wir lösten die auftretenden Probleme zusammen und diskutierten oft stundenlang, was noch verbessert werden könnte. Als der Tag kam und ich in die Schweiz zurückkehren musste, um meine betagten Eltern zu pflegen, konnte ich mich getrost auf Mr. Oliver verlassen. Ich wusste, dass er in unserem Sinne weiterarbeiten würde. Heute ist er pensioniert und geniesst sein Leben und seine beiden Enkelkinder.

Mr. Oliver Mr. Oliver

 
Die Familienhilfe

Eines Tages kam eine Mutter mit vier Kindern zu uns, welche ihren Mann durch Krankheit verloren hatte. Sie war hilflos und hatte grosse finanzielle Probleme. Wir kauften ihr die nötigen Grundnahrungsmittel wie Reis, Linsen, Fisch etc. Wichtig waren auch Schulsachen, welche die arme Frau nicht selbst kaufen konnte. Wir besuchten sie zu Hause und realisierten, dass die Familie ohne unsere Unterstützung kaum über die Runden kommen würde. Wir beschlossen deshalb, ihr einmal pro Monat die benötigten Esswaren und Schulsachen zu kaufen. Das sprach sich schnell herum und schon bald kamen die nächsten Witwen und baten um Hilfe. So entstand parallel zum Kinderheim langsam die Familienhilfe, die sich zum Herzstück der Projekte von Silvia’s Social Welfare Society entwickelte. Dank grosszügiger Patinnen und Paten, Spender und Spenderinnen wurde diese wichtige Unterstützung mehr und mehr ausgebaut. Im Verlauf der 30 Jahre konnten wir so weit über tausend Kindern eine etwas sorglosere Kindheit bieten und ihnen bei ihrer Schulausbildung helfen.

Witwe mit vier Kindern Witwe mit vier Kindern

Der Tsunami

Am 26. Dezember 2004 passierte der schreckliche Tsunami. Die Gegend um Hikkaduwa war schwer betroffen. Viele Kinder verloren damals ihren Vater, ihre Mutter oder beide Elternteile. In der Schweiz durften wir eine unglaubliche Solidarität erleben. Grosszügige Spenden flossen uns zu, so dass wir vorübergehend mehr als 1000 Kindern und ihren Familien das Elend wenigstens etwas lindern konnten. Noch heute bin ich den vielen Spender und Spenderinnen dankbar für diese finanzielle Hilfe!

Zerstörung nach Tsunami Zerstörung nach Tsunami

 2008 - Bestnote fürs Kinderheim

Alle Kinderheime wurden vom „Department of Probation and Child Care Services“ besucht, kontrolliert und in Kategorien A – D eingeteilt. Alles wurde von zuunterst nach zuoberst gekehrt. Die Behörden wollten wissen, ob die Kinder zur Schule gingen und ob sie genügend zu essen hätten. Man prüfte aber auch, ob die Kinder wirklich Kinder sein durften und spielen und herumtoben konnten. Kein Problem, für uns war es immer wichtig gewesen, dass es den Kindern im Heim an nichts fehlte und dass die Kinder in ihrer eigenen Kultur und Religion aufwachsen durften. Welche Freude, als wir in die beste Kategorie „A“ eingeteilt wurden!

Nachfolge im Präsidium

Irgendwann stellten sich mein Mann Rinaldo und ich uns die Frage, was wohl mit der Stiftung passieren wird, wenn wir zurücktreten möchten.

Durch den Zeitungsartikel zum 20-Jahr-Jubiläum im Jahr 2011 lernten wir Franziska Reid kennen. Sie interessierte sich sehr für unsere Tätigkeit in Sri Lanka und reiste noch im gleichen Jahr mit mir nach Sri Lanka, um sich vor Ort über die Arbeit der Stiftung ein Bild zu machen. Überzeugt durch die nachhaltigen Projekte, trat Franziska Reid der Stiftung bei. Nachdem mein Mann Rinaldo Ende 2012 verstarb, begann sie als Vizepräsidentin und Geschäftsführerin zu arbeiten. Sie hat mich von da an mehr und mehr unterstützt und seit 2018 ist sie Präsidentin der Stiftung Silvias Kinderhilfe. 

Silvia Sommer und Franziska Reid Silvia Sommer und Franziska Reid

 Schliessung des Kinderheims

Langsam wurde die Verantwortung für die Mädchen und in der Zwischenzeit jungen Frauen im Heim immer grösser. Es kamen stets neue Regeln und Vorschriften, die wir schlicht nicht mehr tragen konnten und wollten. So haben wir uns nach einigen Diskussionen entschlossen, das Kinderheim zu schliessen und ganz neue Wege zu gehen. Natürlich überliessen wir die Mädchen nicht einfach ihrem Schicksal. Einige konnten zurück in die Familien, einige wurden in andere Heime transferiert. Wir unterstützten sie aber weiter und waren besorgt, dass sie trotzdem alles hatten, was sie brauchten.

Die letzten Heimmädchen Die letzten Heimmädchen

30 Jahre Hilfe in Sri Lanka ist eine lange Zeit.

Ich bin sehr dankbar, dass trotz vieler Hürden die Stiftung so lange bestehen konnte. Es ist nun an der Zeit, mich aus der Stiftung zurückzuziehen. Franziska Reid als Präsidentin, der ganze Stiftungsrat und ein gutes Team in Sri Lanka werden weiterhin alles tun, damit mittellose junge Menschen in eine hellere Zukunft blicken können.

Den vielen Patinnen und Paten, den Spenderinnen und Spendern bin ich dankbar für die Grosszügigkeit, die Treue und das Vertrauen, das wir erleben durften. Ich hoffe, dass Sie alle auch weiterhin an die vielen jungen, mittellosen Menschen denken und unsere Stiftung unterstützen – vielleicht weitere 30 Jahre.

Fränzi und dem ganzen Stiftungsrat möchte ich von Herzen danken und wünsche ihnen viel Kraft und Erfolg bei dieser schönen Aufgabe!

 Ich gehe jetzt in meine Küche, mache mir eine gute Tasse feinen Ceylon Tee und träume noch ein bisschen weiter von Sri Lanka und seinen liebenswerten Menschen!

Ihre Silvia Sommer


Das 1998 neu gebaute Mädchenheim

*Im Februar 2003 wandelten wir unseren Verein in die „Stiftung Silvias Kinderhilfe“ um. Da wir damit der Kontrolle durch die Schweizerische Stiftungsaufsicht unterstellt sind, ist die Sicherheit und Ehrlichkeit unseres Kinderhilfswerks sowohl für die Kinder wie auch für uns und unseren Stiftungsrat gewährleistet.






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